Ein Netzwerk im Kampf gegen Krebs
Bei manchen Krebserkrankungen wirken Standardtherapien wie eine Operation, Chemo- oder Strahlenbehandlung nur unzureichend. Hier können individuell zugeschnittene Therapien und das DNPM-Netzwerk spezialisierter Zentren helfen.
In Deutschland sind Krebserkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Jedes Jahr erkranken etwa 500.000 Menschen neu an Krebs. Trotz erheblicher Fortschritte in der Krebsmedizin bleibt die Behandlung von Patientinnen und Patienten, bei denen die Standardtherapien ohne Erfolg ausgeschöpft wurden, eine große Herausforderung. Das gilt auch für Menschen mit komplexen Tumorerkrankungen, für die es keine standardisierten Behandlungsmöglichkeiten gibt. Denn ein zentrales Problem in der Onkologie ist die hohe Heterogenität von Tumoren. Damit sind die molekularen Unterschiede von Zellen innerhalb eines Tumors gemeint – sie können dazu beitragen, dass Therapien nur bedingt wirken und spielen bei der Bildung von Metastasen sowie möglichen Rückfällen eine große Rolle.
Personalisierte Medizin kann neue Optionen eröffnen
An dieser Stelle setzt die Personalisierte Medizin an: Mithilfe molekularer Tumoranalysen lässt sich ein persönliches Krebsprofil erstellen, das die „Schwachstellen“ des Tumors aufzeigt und darauf zugeschnittene Therapieansätze ermöglicht. Das Projekt „Deutsche Netzwerke Personalisierte Medizin“ (DNPM) verfolgt genau diesen Ansatz. An den initial 21 beteiligten Universitätskliniken wurden hierzu spezialisierte Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM) aufgebaut, um Patientinnen und Patienten neue Therapieoptionen zu eröffnen. Das Projekt wird für vier Jahre mit insgesamt rund 21,8 Millionen Euro durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert.
Datensammlung unterstützt die Auswahl der Therapie
„Für die Entwicklung der neuen Therapieoptionen braucht es die systematische Erhebung von Behandlungsdaten und deren Verknüpfung mit Daten aus der molekularen Tumoranalyse sowie der Bildgebung“, sagt Professor Dr. Nisar Malek, Ärztlicher Direktor Medizinische Klinik 1 am Universitätsklinikum Tübingen und Sprecher des DNPM. Dies geschieht über die gemeinsame Datenintegrationsplattform, dnpm:DIP genannt, und den Aufbau einer entsprechenden IT-Infrastruktur an den ZPMs. Die dnpm:DIP ermöglicht es medizinischen Fachkräften, deutschlandweit Patientinnen und Patienten mit ähnlichen molekularen Strukturen zu finden und deren Therapie sowie das Ansprechen auf die Therapie einzusehen. Auf Basis dieser Informationen können die aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommenden Spezialistinnen und Spezialisten in den ZPMs in gemeinsamen Fallkonferenzen, den Molekularen Tumorboards, die bestmögliche Therapie empfehlen. Davon profitieren nicht nur Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen oder komplexen Krebserkrankungen. Auch für die Krebsforschung stellt die systematische Datensammlung eine wertvolle Ressource dar: Die stetig wachsenden Datenmengen und ihre Analyse mit modernsten Methoden können helfen, offene Fragen zum Verständnis von Tumorerkrankungen zu beantworten und neue Forschungsprojekte anstoßen.
Qualität steht im Vordergrund
Ein weiteres Ziel des DNPM: Krebspatientinnen und -patienten sollen an allen Standorten des Netzwerks eine personalisierte Behandlung erhalten, die höchsten Qualitätsanforderungen entspricht. Deshalb erarbeiteten die Netzwerkpartner gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) strenge Zertifizierungskriterien für die ZPMs. Diese Zertifizierungsverfahren haben inzwischen bereits 18 der 21 DNPM-Standorte erfolgreich absolviert. „Damit erreichen wir immer mehr Menschen, bei denen die Möglichkeiten der Standardtherapie erschöpft sind“, sagt Professor Malek.
Studie soll den Mehrwert für die Patientenversorgung zeigen
Auf Grundlage dieser Vorarbeiten führen die Projektbeteiligten eine Evaluationsstudie durch, um zu untersuchen, ob Patientinnen und Patienten von den neuen Standards und Strukturen direkt profitieren und welche Herausforderungen mit der Einrichtung entsprechender Zentren verbunden sind. In die Studie wurden bereits mehr als 4.000 Patientinnen und Patienten eingeschlossen, die direkt kontaktiert und über Fragebögen zu ihrer Lebensqualität und Zufriedenheit mit der Behandlung befragt werden. Eine Auswertung der Evaluationsstudie wird am Ende des Projekts stattfinden.
Im Erfolgsfall werden die ZPMs Krebspatientinnen und -patienten mit komplexen Verläufen und dem Fehlen weiterer Therapieoptionen individualisierte Behandlungsansätze bundesweit in hoher Qualität zugänglich machen. Dies würde sowohl die Patientenversorgung, als auch die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Stand: 12.02.2025