Depression: iCAN – eine hilfreiche Stütze im Alltag

Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene werden aufgrund einer Depression stationär behandelt. Das iCAN-Programm soll Betroffene dabei unterstützen, ihren Alltag auch nach der Entlassung aus der Klinik zu meistern.

Feste Abläufe, ein strukturierter Alltag mit Therapiegesprächen und intensiver Betreuung – wer wegen einer Depression in einer Klinik behandelt wird, erlebt einen ganz anderen Alltag als im eigenen Zuhause. Damit Betroffene nach der Entlassung mit ihren Sorgen und Ängsten nicht alleine stehen, haben die Forschenden im Projekt iCAN ein besonderes Nachsorgeprogramm für junge Menschen mit Depression entwickelt. Eine Smartphone-App und die telemedizinische Betreuung durch Psychologinnen und Psychologen sollen helfen, nach der Klinikzeit besser im eigenen Alltag anzukommen.

Nach der Entlassung aus einer stationären Behandlung sind ambulante Nachsorgeangebote sehr wichtig. Denn mit der passenden Nachsorge, wie beispielsweise einer ambulanten Psychotherapie, können Rückfälle verhindert und während der stationären Behandlung erarbeitete Fortschritte ausgebaut werden. Um die Versorgungslage nach Entlassung bis zu einer ambulanten Betreuung zu verbessern, wurde das Projekt iCAN ins Leben gerufen. Das Projekt wird für vier Jahre mit insgesamt rund 3,5 Millionen Euro durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert.

Übergang durch innovatives Nachsorgekonzept

„Mit dem iCAN-Programm haben wir eine innovative ambulante Nachsorge entwickelt, um die Herausforderungen nach der Klinikzeit zu meistern“, erklärt Co-Projektleiter Stefan Lüttke von der Universität Greifswald. Das Programm für Jugendliche und junge Erwachsene beginnt unmittelbar nach der Entlassung aus der stationären Behandlung und dauert insgesamt drei Monate. Das iCAN-Konzept besteht aus zwei Bausteinen: wöchentliche Tele-Gesprächen mit speziell dafür ausgebildeten Psychologinnen und Psychologen und der iCAN-App.

In den Tele-Gesprächen können die Patientinnen und Patienten ihre Probleme und Sorgen mit den Behandelnden besprechen. Die psychologischen Fachkräfte beraten die Betroffenen, wie die in der Klinik erarbeiteten Fortschritte auf den Alltag übertragen werden können. Sie motivieren die Patientinnen und Patienten weiter an ihrer Gesundheit zu arbeiten – vor allem dann, wenn es besonders schwer ist. Das Fachpersonal hilft den Betroffenen außerdem dabei, ein ambulantes Nachsorgeangebot in ihrer Nähe zu finden.

Zusätzlich können die Betroffenen die iCAN-App auf ihrem Smartphone nutzen. In der App finden sie verschiedene Übungen, die in einem individuellen Trainingsplan für sie zusammengestellt werden.

Studie untersucht Effekte des iCAN-Konzepts

Die Wirksamkeit des iCAN-Konzepts wird derzeit in einer Studie mit 13- bis 25-jährigen Patientinnen und Patienten untersucht. Die Hälfte der Teilnehmenden nimmt für drei Monate am iCAN-Programm teil, während die andere Hälfte die Regelversorgung erhält. Die Studie soll Antworten auf Fragen wie diese liefern: Haben Patientinnen und Patienten, die am iCAN-Programm teilnehmen, weniger depressive Symptome als diejenigen, die die Standardversorgung erhalten? Finden iCAN-Patientinnen und -Patienten schneller ein für sie passendes Nachsorgeangebot? Lassen sich durch das iCAN-Programm Krankheitskosten senken bei einem gleichzeitig verbesserten Behandlungsangebot?
Die Teilnehmenden werden im Rahmen der Studie zu insgesamt vier Zeitpunkten ausführlich befragt. Die erste Befragung findet noch während der stationären Behandlung vor der Zuordnung zu einer der Studiengruppen statt. Die weiteren Befragungen folgen sechs Wochen, drei Monate und sechs Monate nach der Entlassung aus der Klinik. Hierbei wird unter anderem erfasst, wie schwer die Depressionssymptome aktuell sind, welche ambulanten Nachsorgeangebote genutzt werden und wie die aktuelle Lebensqualität ist. Die Krankheitskosten werden durch die Befragung der Teilnehmenden und durch die Analyse von Daten der Krankenversicherungen ermittelt.

iCAN: Ein deutschlandweites Angebot

Da am iCAN-Projekt über 30 Kliniken unterschiedlicher Größe und aus verschiedenen Regionen Deutschlands teilnehmen, lassen sich die Ergebnisse der Studie voraussichtlich gut auf die Versorgungssituation im gesamten Land übertragen. „Unser langfristiges Ziel ist es, das iCAN-Programm flächendeckend als Teil der Regelversorgung zu etablieren. Damit hoffen wir, die Rückfallrate bei Depressionen zu senken und die Krankheitskosten nachhaltig zu reduzieren,“ erläutert Projektleiterin Professorin Dr. Eva-Lotta Brakemeier von der Universität Greifswald.

Stand: 04.10.2024