MSnetWork: Für den Alltag stark machen

Multiple Sklerose kann das Leben von Betroffenen massiv einschränken und mittelfristig zu einer Arbeitsunfähigkeit führen. Das Projekt MSnetWork möchte dem entgegenwirken und die Lebensqualität von Erkrankten verbessern.

Multiple Sklerose (MS) ist eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems und wird insbesondere bei jüngeren Menschen zwischen 20 und 40 Jahren diagnostiziert. Allein in Deutschland sind mehr als 280.000 Menschen von dieser Autoimmunerkrankung betroffen, deren Symptome von einem Kribbeln in Händen oder Füßen über Taubheitsgefühle bis hin zu einer stark eingeschränkten Bewegungsfähigkeit reichen können. Mehr als jeder zweite von MS Betroffene wird vor Eintritt ins Rentenalter berufsunfähig. Durch ein integriertes Netzwerk unterschiedlicher Leistungsträger verfolgt das Projekt MSnetWork einen sozialleistungsträgerübergreifenden Ansatz, um die Versorgung von MS-Patientinnen und -Patienten zu verbessern und ihnen auch zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. In einer begleitenden Studie wird untersucht, ob die Teilhabe im Sinne einer selbstbestimmten Lebensführung verbessert, die Arbeitskraft gestärkt und eine Arbeitsunfähigkeit bestenfalls verhindert werden kann.Das Projekt wird seit 2021 für insgesamt vier Jahre mit rund 4,1 Millionen Euro durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert.

Ein Netzwerk bündelt Versorgungsangebote

Durch die große Bandbreite an Zuständigkeiten sowie Kostenträgern im deutschen Sozialsystem fehlt es an einem koordinierten Einsatz von Versorgungsleistungen und -angeboten. Hier setzt MSnetWork an: Das Netzwerk bündelt und stimmt die Versorgungsangebote verschiedener Akteure aus den Bereichen Neurologie, Arbeitsmedizin, Rehabilitation, Neuropsychologie sowie von Sozialversicherungen auf die Bedarfe der Versicherten ab. Bei MSnetWork registrierte Patientinnen und Patienten können bspw. Leistungen wie Gesundheitsschulungen oder Betreuungsangebote für Kinder und Angehörige leichter in Anspruch nehmen.

Studie vergleicht Behandlungsergebnisse

In einer Studie prüfen die Projektverantwortlichen, ob sich der Krankheitsverlauf mit diesen Maßnahmen positiv beeinflussen lässt. Dazu werden die Teilnehmenden in zwei Gruppen eingeteilt. Studiengruppe 1 erhält Beratungen und Schulungen, wie sich die eigene Gesundheitskompetenz stärken lässt, sprich die Fähigkeit und das Wissen, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen und im eigenen Alltag auch anzuwenden. Diese Patientengruppe erhält zudem einen leichteren Zugang zu arbeitsmedizinischen Beratungen oder Rehabilitationsleistungen. So können mögliche erwerbsmindernde Einschränkungen schneller erfasst und gegensteuernde Maßnahmen in die Wege geleitet werden – zum Beispiel durch Analysen des Arbeitsplatzes und die daraus folgende Unterstützung bei der Beantragung spezifischer Arbeitshilfen.

Teilnehmende in Studiengruppe 2 erhalten zunächst die regelhaften Leistungen der jeweiligen Sozialversicherungen ohne zusätzliche Angebote. Nach einem Jahr erhält diese Gruppe ebenfalls Zugang zu den Schulungen und Maßnahmen. So kann im ersten Jahr ein direkter Vergleich zwischen den beiden Gruppen angestellt werden. Im zweiten Jahr der laufenden Studie wird geprüft, ob die zusätzlichen Maßnahmen längerfristig zu einer Verbesserung der individuellen Situation der Teilnehmenden beitragen. Schwerpunktmäßig wird überprüft, wie sich die koordinierte Versorgung auf die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage, aber auch auf die Lebensqualität sowie die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten auswirkt.

Teilnahmechance für Betroffene bis Juni 2023

Wer bei der beschriebenen Studie mitmachen möchte, kann seine Neurologin oder seinen Neurologen ansprechen, denn noch bis Ende Juni 2023 können neurologische Praxen im gesamten Bundesgebiet Teilnehmende melden. Insgesamt sollen 950 berufstätige Patientinnen und Patienten zwischen 18 und 65 Jahren in die Studie eingeschlossen werden. Die Vernetzung und der Datenaustausch der Leistungserbringer sowie die Dokumentation der verordneten Maßnahmen erfolgt im Rahmen einer elektronischen Patientenakte.

Bernhard Michatz, Projektleiter, beschreibt die langfristigen Ziele des Projekts: „MSnetWork ist als Pilotvorhaben anzusehen, in dem die Wirksamkeit der neuen Versorgungsform am Beispiel der Multiplen Sklerose untersucht wird. Die hier erprobte komplexe Intervention könnte aber auch in die Behandlung weiterer chronischer neurologischer Erkrankungen integriert werden, die zu vorzeitiger Erwerbsminderung führen – zum Beispiel Parkinson oder Epilepsie.“ Langfristiges Ziel der Projektverantwortlichen ist es daher, dass das in MSnetWork entwickelte Versorgungsangebot bei chronischen neurologischen Erkrankungen in die Regelversorgung übernommen wird.

Stand: 25.05.2023