Herzkranke unterstützen: Das Projekt Cardiolotse zeigt den Weg

Für Menschen mit einer Herzerkrankung kann die Weiterbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt zur Herausforderung werden. Speziell geschulte Cardiolotsen zeigen Betroffenen Wege zur bestmöglichen ambulanten Versorgung auf.

Rund ein Viertel der Herzpatientinnen und -patienten werden im ersten Jahr nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus erneut stationär behandelt. Das zeigt, nicht immer verläuft der Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung optimal. Hier setzt das Projekt „Cardiolotse“ an, ein Vorhaben der AOK Nordost und der Vivantes Kliniken. Durch speziell geschulte medizinische Fachkräfte, die Patientinnen und Patienten wichtige Hilfestellungen geben, soll der Übergang von der Krankenhausbehandlung in die Weiterbetreuung durch (kardiologische) Praxen verbessert werden. Das Projekt wurde für vier Jahre mit rund 4,6 Millionen Euro durch den Innovationsauschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert.

Cardiolotse: Ein Navigator in schwierigen Zeiten

Bislang gibt es keine medizinische Berufsgruppe, die eine kontinuierliche und individuelle Begleitung von Herzpatientinnen und -patienten übernimmt. Im Rahmen einer standardisierten Zusatzausbildung können sich medizinische Fachangestellte, Gesundheits- und Krankenpflegende für die neuen Lotsenaufgaben qualifizieren lassen. Die Arbeit von Cardiolotsen beginnt bereits am Krankenhausbett und ermöglicht eine am individuellen Krankheitsbild ausgerichtete Betreuung. Sie sind Ansprechpartner für die Betroffenen und Unterstützer bei individuellen Gesundheitsfragen, binden Angehörige mit ein und übersetzen medizinische Sachverhalte in eine auch für Laien verständliche Sprache. Ebenso sind Cardiolotsen Bindeglied zu den behandelnden Ärztinnen und Ärzten, koordinieren wichtige Arzttermine und prüfen deren Einhaltung. Außerdem unterstützen sie Betroffene ganz praktisch beispielsweise bei der regelmäßigen und richtigen Medikamenteneinnahme und helfen dabei, ambulante Angebote wie Herzsportgruppen, Ernährungsberatung oder Programme zur Tabakentwöhnung zu finden.

„Die Betreuung durch Cardiolotsen reicht weit über das bisherige Entlassmanagement hinaus. Sie helfen nicht nur, die empfohlene Nachsorge sicherzustellen, sondern stärken auch die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten im Umgang mit ihrer Erkrankung. Im Projekt wollten wir zudem herausfinden, ob sich die Zahl der Wiederaufnahmen ins Krankenhaus durch persönliche Beratung zu ambulanten Angeboten reduzieren lässt, ob die direkte Unterstützung die Lebensqualität steigert und Gesundheitskosten senkt“, beschreibt Projektleitern Petra Riesner von der AOK Nordost die Projektziele.

Studie soll den Erfolg der Maßnahme messen   

Wie erfolgreich die Arbeit der Cardiolotsen ist, wird in einer begleitenden Studie der Technischen Universität München untersucht. Dazu wurden zwischen Januar 2019 und April 2020 mehr als 2.800 Versicherte der AOK Nordost rekrutiert, die aufgrund einer Herz-Kreislauf-Erkrankung in acht verschiedenen Vivantes-Kliniken behandelt wurden. Die Studie vergleicht die Krankheitsverläufe von Herzpatientinnen und -patienten, die von einem Cardiolotsen unterstützt wurden (Interventionsgruppe), mit jenen Betroffenen, die ohne Begleitung weiterbehandelt wurden (Kontrollgruppe).

Auswertung der Ergebnisse soll bis Ende November 2022 vorliegen

Das Projekt „Cardiolotse“ selbst wurde Ende Mai 2022 abgeschlossen; bis Ende November 2022 werden die Ergebnisse ausgewertet sowie Schluss-, Ergebnis- und Evaluationsberichte angefertigt. Zwischenauswertungen lassen bereits positive Tendenzen erkennen: Die Krankenhauswiederaufnahme war in der Interventionsgruppe niedriger als in der Kontrollgruppe. Die Projektverantwortlichen verzeichneten durchweg positive Rückmeldungen von Betroffenen und aus der Ärzteschaft. Auch für die bereits qualifizierten Cardiolotsen hat sich die Zusatzausbildung bezahlt gemacht: Nach Auslaufen des Projekts werden sie weiterbeschäftigt. Die aufgebauten Strukturen bleiben erhalten.

Etablierung von Patientenlotsen: Eine große Chance zur Verbesserung der Versorgung

Aktuell tauschen sich die Projektverantwortlichen mit den Akteuren des Projekts „STROKE OWL" (Schlaganfalllotsen) – ebenfalls ein vom Innovationsauschuss beim G-BA gefördertes Vorhaben – aus. Erfahrungen aus beiden Lotsenmodellen sollen in einem Positionspapier für die Fachwelt veröffentlicht werden, um die Behandlung von Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern. „Der Cardiolotse kann ein Modell für ein neues, eigenständiges Berufsbild eines Patientenlotsen sein, der auch bei anderen chronischen Erkrankungen zum Einsatz kommt“, ist Projektleiterin Riesner überzeugt.

Stand: 26.09.2022